Wut – was ist das? Woher kommt Wut? Was sagt sie uns? Was kann Wut alles anrichten? Wann ist Wut förderlich und wann wird sie gefährlich? Und vor allem: wie kann Wut verwandelt werden? Schüler:innen der Rosa-Parks-Grundschule haben eigene Erlebnisse reflektiert und ein Theaterstück auf die Beine gestellt, um zu zeigen, dass man sich der Wut nie einfach überlassen sollte.
Was mache ich, wenn ich wütend bin? Oft beschimpfe ich dann jemanden, bin gemein, ungerecht. In dem Tanzprojekt „Wo kommen die Worte her?“ sind 23 Schüler:innen der Kreuzberger Rosa-Parks-Grundschule unter der künstlerischen Leitung der Choreografinnen Jo Parkes und Viviana Defazio dem Gefühl der Wut nachgegangen. Den Formen, die sie annehmen kann und den Wirkungen, die sie auf einen selbst und auf andere hat.
Ausgangspunkt waren rassistische Vorfälle in der Schule, und so hat auch das Projekt begonnen: mit Schimpfwörtern. Welche kennen wir und welche haben wir in unserem Leben schon öfter selbst benutzt? In dem Stück, das am Ende entstanden ist, schreiben alle diese Worte mit pastellfarbener Kreide auf große Papierfahnen, die später gut sichtbar an der Wand hängen. Fiese Sachen stehen da. Stumm, aber mit großer Kraft brüllen die 23 jungen Performer:innen die Worte dem Publikum entgegen. Danach erzählen sie von Situationen, in denen sie sich gestritten haben, in der Schule, zu Hause mit den Geschwistern, auf der Straße, in den Ferien. Wer hat angefangen? Wie habe ich reagiert? „Wir haben uns geprügelt“, sagt einer. „Ich war im Stich gelassen“, jemand anderes. Wut, das wird in diesen Geschichten deutlich, ist eine zerstörerische Kraft. Gleichzeitig sagen die Schüler:innen während der Projektarbeit: „Das Projekt ist so toll, weil wir hier mal richtig wütend sein dürfen.“
Weil Wut da ist. Weil wir uns oft über andere ärgern, verletzt sind. Weil Wut nicht nur etwas Schlechtes, sondern auch eine Kraft ist, die uns zeigt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Nur wenn wir uns der Wut überlassen, davon erzählt das Stück, dann geht es nicht gut aus. Nicht für uns selbst und nicht für die anderen. Dann nimmt es böse Formen an. Etwa wenn die Schüler:innen in dem Stück als Gruppe eine Einzelne auszugrenzen beginnen. Als eine wogende Masse schieben sie sich dicht gedrängt über die Bühne um ein einzelnes Mädchen, das Anschluss sucht, zu meiden. Etwas Merkwürdiges geschieht dabei.
Vom Aggressor wird die Gruppe zu Gejagten, immer hektischer ergreifen sie vor dem vereinzelten Mädchen, dass ihre Nähe sucht, die Flucht. Aber schließlich halten das nicht mehr alle durch. Köpfe sinken in Hände, Einzelne werden von Anderen geführt und gestützt. So ist Trost möglich, Mitgefühl und gegenseitige Hilfe. Ganz am Ende wenden sich noch einmal alle den beiden langen Papierfahnen mit den Schimpfwörtern zu, die sie am Anfang aufgeschrieben und dann an die Wand gehängt haben. Fein säuberlich trennen alle aus einem ihrer Worte einen Buchstaben heraus, knüllen das Papierstück zusammen und werfen es auf den Boden. Tschüss, Wut. All diese Wörter und die Weise, wie wir damit unsere Gefühle ausdrücken sind keine gute Lösung für den Zorn, den wir manchmal in unserem Bauch haben.
Schüler:innen: Klasse 6 b
Künstler:innen: Jo Parkes, Viviana Defazio
Pädagog:in: Arduba Asllani
Kulturagent:in: Michaela Schlagenwerth
Fotos: Antje Materna
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