Einfach streiten? Sich respektvoll auseinandersetzen, Meinungen teilen und mit künstlerischen Mitteln Konflikte des Alltags hinterfragen, reflektieren und Veränderungen anstoßen. Das ist STREIT_KULTUR - ein Kooperationsprojekt des Programms Kulturagenten für kreative Schulen Berlin und dem FELD Theater für junges Publikum. Die unterschiedlichen Projekte und kreativen Ideen der Schüler:innen aus sechs Berliner Schulen werden hier dokumentiert.
„Anders sein“ ist das Thema des Kunst-Kurses der 11. Klasse der Fritz-Karsen-Schule. Und das Projekt an sich ist schon etwas anders als die anderen Projekte der Streit_Kultur. An vier Tagen proben und entwickeln die Schüler:innen gemeinsam im FELD-Theater für junges Publikum verschiedene künstlerische Arbeiten, die in den Räumen des Hauses als Stationen-Theater aufgeführt werden sollen. Es gibt eine unsichtbare Theaterszene im Café des Hauses, einen Ballroom im Stil der 80er Jahre in New York, ein interaktives Spiel über Privilegien, eine Performance über Ausgrenzung und einen performativen Schminkraum in der Garderobe des Theaters. „Unser Ballroom war ein Raum für jeden, der sich ein bisschen anders fühlt und wo man sich präsentieren kann und man selbst sein, ohne sich dafür schämen zu müssen“, sagen die Schüler:innen. Die Gruppen von 3–6 Personen haben die Projekte mit unterschiedlichen Zugängen und Ideen entwickelt.
Anders sein kann viel bedeuten. Ist man anders oder wird als anders markiert, weil man zum Beispiel andere Kleidung trägt? Ist es möglich, Menschen überhaupt nicht anhand ihrer Kleidung zu bewerten, wenn man sie nicht kennt? Ist man anders oder wird man nur anders, weil einen andere ausgrenzen? Können wir das verhindern, indem wir uns auf die Seite von den Menschen stellen, die Unterstützung brauchen? Ist es denn schlimm, anders zu sein? Oder kann anders sein auch schön sein? Sind wir vielleicht alle ein bisschen anders und gerade deshalb schön?
Die Projekte beschäftigen sich viel mit diesen Fragen. Während eine Gruppe mit einem kleinen Theaterstück darauf hinweisen will, dass man vom Aussehen eines Menschen nicht wirklich auf dessen Leben und Charakter schließen kann und daher auch nicht urteilen sollte, versuchen andere Projekte genau diesen Mechanismus zur Ermächtigung zu nutzen. Indem sie dazu aufrufen sich zu schminken oder zu verkleiden, aufzufallen und Neues auszuprobieren, riskieren sie, ausgelacht oder nicht ernst genommen zu werden. „Wir sahen auch außergewöhnlich aus“, reflektiert ein Schüler über die vergangene Probe. In einer gespielten Pressekonferenz befragen wir die Schüler:innen über ihre künstlerischen Arbeiten und was sie damit erreichen wollen:
„Anders sein bedeutet im Wesentlichen vielleicht ja erstmal, unterschiedlich sein. Es sind fünf sehr unterschiedliche Arbeiten, durch die das Publikum geführt wird und ich bin mir sicher, dass alle sich irgendwo in den Arbeiten auch selbst wiederfinden werden. Denn so unterschiedlich sind wir dann vielleicht doch nicht.“
„Wir wollten zeigen, das anders sein auch schön ist.“
„Wir sind nicht alle gleich reich oder gleich stark aber wir bluten alle gleich. Äußerlich sind wir alle unterschiedlich, aber das ist auch gut so, denn wenn wir alle gleich wären, wären wir nicht einzigartig. Und so sind wir alle auf unsere Weise einzigartig und wunderschön. Wir haben alle ein Herz, das schlägt.“
„Wir wollten erreichen, dass die Menschen sehen, wie es anderen Menschen geht und dass man sich keine Vorurteile bilden sollte, ohne den Menschen zu kennen.“ [Text von Emilia Schlosser]
»Wir sind nicht alle gleich reich oder gleich stark aber wir bluten alle gleich. Äußerlich sind wir alle unterschiedlich, aber das ist auch gut so, denn wenn wir alle gleich wären, wären wir nicht einzigartig. Und so sind wir alle auf unsere Weise einzigartig und wunderschön. Wir haben alle ein Herz, das schlägt.«
Schüler:innen: Kunstkurses 11. Jahrgang
Künstler:innen: Roni Katz, Birgit Neppl
Pädagog:in: Marta Díez Amate
Kulturagent:in: Michaela Schlagenwerth
Fotos: Antje Materna
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